It’s the White Denim Supershow

Am 16.8.2011 hab ich nach längerer Pause endlich mal wieder ein Interview geführt und zwar mit den PsychedelicProgRockern White Denim.

Die Entscheidung war schwer, denn am selben Tag spielten auch Edward Sharpe & The Magnetic Zeros, letzten Endes gewannen die Texaner Rocker jedoch a.) weil ich für Edward kein Interview gekriegt hätte und bei zwei gleichwertig guten Bands geht das Interview IMMER vor und b.) weil ich derzeit sowieso schicke Rockoutfits bevorzuge, die mir die Ohren freiblasen.

White Denim Cartoon

Nachdem ich also zusammen mit dem sympathischen Labelmenschen von Coop durch die niemals enden wollenden Wirren des Magnet Clubs geirrt bin, fand ich mich letzten Endes mit James (vocals, guitar) und Josh (drums) ein, während Steve (bass) und “der Neue” Austin (guitar) unten mit einer anderen Online Journalistin redeten, die sicher nicht so charmant und aufmerksam wie ich war, aber gut, vielleicht dürfen Steve und Austin ja das nächste Mal dabei sein.

Das Interview gibt es bald als Audioversion altbekannt auf dem LOHRO-Blog, weil ich erstmal zu faul bin, es zu schneiden.

Was ich aber dazu sagen kann ist, dass es eine wahre Freude war, da die Jungs nicht nur sehr höflich waren, sondern auch untereinander sehr rücksichtig zu sein scheinen, weil sie sich nach jeder Antwort immer wieder bestätigend anschauten, so als müsste der andere sein Einverständnis geben. Das klingt so geschrieben natürlich totally gay, ist aber im Grunde betrachtet eine feine Sache, weil man bei eventuell hastig hervor getragenen Antworten, die den ein oder anderen Bandkollegen vergrätzen könnten, sofort zurück rudern kann. Nicht, dass das der Fall war, wie so oft bei den totally gay-en und/oder nerdigen Bands hatte ich es mit zwei intelligenten, jungen Männern zu tun, die auch mal darüber nachgedacht haben, bevor sie geantwortet haben. Sehr schön fand ich die Aussage, dass sie gerne einen ruhigen Song ans Ende ihrer Alben packen, weil es irgendwie passt, ganz im Gegensatz zu einem Konzert, wo es am Ende noch mal krachen muss. Sowieso war es wieder einmal diese Art von Interview, für die ich diesen Kram überhaupt mache, also diejenigen, bei denen man wieder ein Stück mehr dahinter steigt, wie Bands arbeiten, wie der Prozeß beim Songwriting und Produzieren ist und wie anders oftmals der Fan Dinge sieht, bzw. aufnimmt, als die Band sich das gedacht hat. Große Sache.

Noch viel größer war danach dann das Konzert, ich rede ja immer gerne von dem debilen Grinsen, das mich dann befällt, seit gestern weiß ich endlich, dass es ein Mindblow-Grinsen ist, wenn ich einfach nicht fassen kann, was da gerade vor mir abgeht. Auf Platte mögen White Denim schon eine ganze Stange großartig sein, auf der Bühne wird einem erstmal so eine mächtige Ladung Progrock und Psychedelic Gegniedel entgegen geschmissen, dass einem die Haare nach hinten wehen. Kleiner Tipp für alle, die versuchen, zu Prog zu tanzen: es ist nicht unmöglich, aber man sollte nicht versuchen, mit jeder Bewegung des Schlagzeugers mitzutanzen, sondern eher kreisend und etwas gelassener. Das hat nicht nur ästhetische Gründe (obwohl…), sondern man kommt auch nicht aus dem Takt, bei Prog wird nämlich viel in Kreisen, bzw. Abschnitten gespielt, die in sich total wirr und chaotisch sind, nebeneinander gelegt aber ein sich wiederholendes Muster ergeben. Macht das Sinn? Wahrscheinlich nicht.

So, zurück zu White Denim, abgesehen von ein paar irren Groupies, die Steve sofort vernascht hätten, wenn er nicht beschäftigt gewesen wäre, die darüber hinaus aber auch erstmal einen Schwall Bier auf die Technik gekippt haben (also 70er Jahre Groupies hätten das nicht gemacht!), war es ein sehr friedfertiges Konzert mit dem für Psychedelia aller Arten üblichen Marihuana Wolken (also in den 70ern hätte es das nicht gegeben!). Und die Band – ja, also erstmal war der Mix so gut, wie ich es lang nicht mehr erlebt habe, gerade Basser verschwinden ja mehr oder weniger komplett zwischen den Gitarren, in diesem Fall hat man ihn glücklicherweise perfekt heraus gehört, ansonsten hätte man ordentliche Fingerspiele verpasst. Die Gitarrenarbeit besonders von James war zum Niederknien, das hat er dann aber in Jimi Hendrix Referenz für uns erledigt. Und außerdem haben alle richtig schicke Gniedelgesichter gemacht, also zusammen geknautscht und angestrengt, so, wie ich das von wirklich guten Bands kennen und lieben gelernt habe.

Alles in allem: Top und jedem nur zu empfehlen, der nichts gegen die kleine Prise Prog im Retrorock hat. Auch gut zu wissen, dass es quasi Einsteigerbands für Progliebhaber gibt, die dann nicht alles so simplifizieren, dass es schon gar nicht mehr Prog ist. Ganz im Gegenteil, was da so zwischen diesen Melodie-verliebten Songs passiert, ist technisch auf einem ganz hohen Level, so dass es mich nicht verwundert hat, als die erwähnten Lieblingsbands von James und Josh The Mothers of Invention (schöne Motivation für mich auf der Zappanale dieses Wochenende), Yes und King Crimson waren. Man merkt schon, ich hab den typischen Musiknerd-Crush und könnte jetzt die nächsten 3 Wochen über White Denim reden, ist schon schlimm, sowas, im Doppel mit Interview ist so ein Spitzenkonzert ja dann auch immer zweifach gefährlich, weil man sich dann auch noch wehmütig an die lustigen Stunden miteinander erinnert. Haha, was haben wir gelacht. Seufz.

7 thoughts on “It’s the White Denim Supershow

  1. Schick, Schick. Nur bisschen fehlt mir der Rotz/Wille zum Wahnsinn wie bei Comets on Fire. Aber live ist das wohl (wie du sagtest) noch ein ganz anderer Schnack.

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  2. hab mir grade mal die platte “gekauft”…die wurden aber als kinder schon arg mit kinks & yardbirds platten “gequält”…dabei hatte ich mich so sehr auf mehr songs im stil von “all you really have to do…” gefreut

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    1. Dat ist wohl von “Workout Holiday”, also der ersten Platte, als sie alles exklusiv im Trailer aka Studio selbst aufgenommen haben. Auf der müsste es mehr wütende Garage-Rocksongs geben. Die neue Platte ist ja teilweise doch an den Rändern sehr entspannt (weshalb ich auf Teufel komm raus nicht auf die Texte achten konnte, bin ständig verträumt weggedriftet, wie nervig). Großer Kracher ist auch (inklusive Musikvideo) “I start to run” von ihrer letzten Platte “Fits”:
      http://www.youtube.com/watch?v=v5gE4HQmpE4

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    1. Wäre ne schicke Deko für die nächste Indienight, so ein wenig Mad Max Feeling lockert auch die durch Hipster gerne hochsterilisierte Atmosphäre auf.

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